Aus Unfällen lernen: Spannungsfreier Zustand nicht ordnungsgemäß geprüft

Arbeitsauftrag: Ein Netzbetreiber beauftragte eine Montagefirma, die Durchführung einer 20kV-Freileitung in einer Turmstation auszuwechseln. Die Stromversorgung der angeschlossenen Verbraucher sollte über eine Notstromversorgung sichergestellt werden. Die Firma teilte die zwei Monteure Dieter Arnold* und Oliver Gärtner* für den Anschluss der Notstromversorgung sowie den anschließenden Wechsel der Durchführung ein.

Unfallhergang:
Zunächst trennte Andreas Blum*, Schaltberechtigter des Netzbetreibers, den Trafo von der 20kV-Einspeisung, schloss diesen an der Oberseite kurz und erdete ihn. Die Freischaltung der 20kV-Freileitung sollte jedoch erst später erfolgen. Die beiden Monteure Dieter Arnold und Oliver Gärtner schlossen dann auf der Niederspannungsseite eine Notstromversorgung für die betroffenen Verbraucher an. Andreas Blum fuhr im Anschluss zu einer vorgelagerten 20kV-Station, um von hier aus die Freischaltung der 20 kV-Freileitung vorzunehmen. Zwischenzeitlich begannen Dieter Arnold und Oliver Gärtner mit den vorbereitenden Arbeiten für die Auswechslung der 20 kV-Durchführung. Dieter Arnold ging irrtümlicherweise von einer schon erfolgten Freischaltung aus, da sich der Schaltberechtigte Andreas Blum nicht mehr in der Turmstation befand und er die eingelegte Erdungs- und Kurzschließvorrichtung (E&K-Garnitur) sah. Obwohl noch keine ausdrückliche Übergabe erfolgt war, legte der Monteur Dieter Arnold eine vier Meter lange Aluminiumleiter zum Wechseln der Durchführungen in der Turmstation an. Dabei berührte er offenbar die in drei Meter Höhe befindlichen 20 kV-Sammelschienen und löste einen Kurzschluss aus. Über die Leiter, seine beiden Hände und die Schuhe erfolgte eine Körperdurchströmung. Zum Glück trennte ihn der Fall von der Leiter von den Sammelschienen und der Stromfluss wurde unterbrochen. Oliver Gärtner und ein weiterer Kollege bemerkten den Unfall. Während Oliver Gärtner den verunglückten Dieter Arnold versorgte, lief der andere zu einer nahe gelegenen Arztpraxis. Der Monteur Dieter Arnold konnte durch das schnelle Eintreffen des Arztes erfolgreich reanimiert werden. 


Unfallanalyse:
Neben einer vermutlich unzureichend abgestimmten Vorgehensweise bei den geplanten Arbeiten an der Turmstation zwischen dem Netzbetreiber und der Montagefirma war vor allem das Fehlverhalten von Dieter Arnold ausschlaggebend für den beschriebenen Unfall. Er hatte ohne Übergabe der Arbeitsstelle durch den Netzbetreiber mit den Arbeiten im Bereich der 20 kV-Ebene begonnen. Der Monteur Dieter Arnold hat gegen die Absätze 1 und 2 des § 6 der BGV A3 verstoßen, da mit den Arbeiten erst begonnen werden darf, wenn "der spannungsfreie Zustand hergestellt und für die Dauer der Arbeiten sichergestellt" ist. 


* Namen von der Redaktion geändert

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