Mögliche Chrom(VI)-Exposition

Durch den Kontakt chromlegierter Stähle mit alkali- und erdalkalimetallhaltigen (Calcium, Magnesium, Natrium und Kalium) Dämmstoffen oder Montagepasten kann es, bei Temperaturen zwischen ca. 350 - 800 °C zu einer Bildung von krebserzeugenden Chromaten (Chrom(VI)-Verbindungen) kommen.

Gefährdung:
Die krebserzeugenden Chrom(VI)-Verbindungen (Kategorie 1B) können atemwegsirritierend und hautsensibilisierend wirken. Bei akuten Hautverletzungen können einige Chrom(VI)-Verbindungen nach einem Kontakt zu schweren Hautgeschwüren führen. Eine mögliche Gefährdung der Arbeitnehmer kann daher sowohl inhalativ, über die Luft am Arbeitsplatz als auch dermal, über den direkten Kontakt mit der Haut bestehen.

Betroffen sein können z. B. Kraftwerke (Kohlekraftwerke, Holzhackschnitzelkraftwerke, Gas- und Biomassekraftwerke, Blockheizkraftwerke und Heizwerke), Müllverbrennungsanlagen und chemietechnische Industrie-Anlagen aber auch Industrieöfen sowie Teile von stationären Notstromaggregaten.

Wann und wo können Chrom(VI)- Verbindungen auftreten?
Der chemische Bildungsmechanismus ist gegenwärtig noch nicht vollständig bekannt. Er ist deshalb Gegenstand weiterer Untersuchungen. Wissenschaftliche Studien und Realfunde weisen bislang darauf hin, dass folgende Bedingungen Einfluss auf die Bildung der Chrom(VI)-Verbindungen auf Edelstahloberflächen haben:

  1. Vorhandensein insbesondere hochchromlegierter Stähle. Werden u. a. in Kraftwerken für Medienleitungen, Gasturbinen, Dampfturbinen, Bolzen und Schrauben eingesetzt.
  2. Vorhandensein von alkali- und erdalkalimetallhaltigen Oxiden (wie z. B. Calciumoxid, Magnesiumoxid).
  3. Gegenwart von Sauerstoff, in Mengen, wie er in der natürlichen Atmosphäre vorkommt.
  4. Hohe Temperaturen von ca. 350 bis 800 °C.

Treffen diese Einflussfaktoren in Kombination aufeinander, ist eine Entstehung von Chrom(VI)-Verbindungen möglich. In Abhängigkeit von den in den Materialien eingesetzten Alkali- und Erdalkalimetallen können unterschiedliche Chrom(VI)-Verbindungen entstehen. Am häufigsten wurden bisher gelbliche Ablagerungen gefunden, die auf die Anwesenheit von Calciumchromat (Chrom(VI)-Verbindungen) hinwiesen. Diese gelblichen Ablagerungen sind sowohl auf den Stählen als auch auf den umgebenden Materialien und Produkten visuell erkennbar.

Beispiele für entsprechende Kombinationen können z. B. in folgenden Situationen gegeben sein:

  • Chromlegierte Stahlrohre oder Anlagenteile wie z. B. Ventile, welche wärmeübertragende Medien von ca. 350 °C transportieren und mit alkali- und erdalkalimetallhaltigen Dämmstoffen umgeben sind.
  • Chromlegierte Schraubverbindungen, welche mit calciumhaltigen Montagepasten verschiedene Komponenten verbinden, wie über 350 °C heiße Turbinengehäuse oder Flansche.

Untersuchungsergebnisse von Arbeitsplatzmessungen
Die Messergebnisse aus mehreren Kraftwerken weisen darauf hin, dass es bei Tätigkeiten an Anlagen mit Chrom(VI)-Belastung auf der Oberfläche zu einer inhalativen Exposition kommen kann.
Auf mehreren abisolierten Kontaktflächen wie Dampfdruckleitungen und Turbinenteilen wurden pulverige oder klebrige gelbliche Chrom(VI) Verbindungen nachgewiesen.

Schutzmaßnahmen
Aufgrund der Ergebnisse ist eine Gefährdung der Mitarbeiter durch Chrom(VI)-Verbindungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht auszuschließen. Eine Gefährdung besteht insbesondere bei Tätigkeiten wie Isolierarbeiten bei Anlagen-Revisionen oder Störungsbeseitigung.

Substitution:
Eine Substitution der eingesetzten Materialien ist nur dann zu empfehlen, wenn die Substitute eine geringere Toxizität aufweisen als die aktuell verwendeten Produkte.

Bei Tätigkeiten an Anlagen und Anlagenteilen, an denen eine Chrom(VI)-Belastung vorliegt oder bei denen diese nicht auszuschließen ist, besteht daher die Notwendigkeit, folgende Schutzmaßnahmen umzusetzen:

Technische Schutzmaßnahmen:

  • Anwendung staubarmer Arbeitstechniken (Staubarmes Arbeiten) und sichtbare Ablagerungen mit Entstaubern absaugen (Staubklasse H nach DIN EN 60335-2-69)
  • Auf Gitterrosten können Folien im Bodenbereich helfen, eine Ausbreitung der Exposition in darunterliegende Arbeitsbereiche zu verhindern.
  • Kontaminierte Flächen können mit Reduktionslösungen behandelt werden, um eine mögliche Exposition und Verschleppung in andere, unbelastete Bereiche zu reduzieren. Ob diese Anwendung zu einer vollständigen Dekontamination des Arbeitsbereiches führt, ist bislang nicht bekannt. Vor der Anwendung eines Dekontaminationsproduktes sind dessen Wirkungen auf die verbauten Materialien und deren Eigenschaften zu überprüfen.

Persönliche Schutzausrüstung

  • Tragen eines Schutzanzuges Typ 5 (EN ISO 13982-1) mit Kapuze
  • Tragen nitrilbeschichteter Textilhandschuhe. Die Handschuhe sind nach Kontamination zu entsorgen.
  • Tragen einer Korbbrille
  • Tragen einer partikelfiltrierenden Atemschutzmaske FFP3 oder vergleichbarer Atemschutzgeräte

Zukünftiges Vorgehen
In den folgenden Monaten werden weitere Messungen während Revisionen folgen, um die vorliegenden Ergebnisse zu verifizieren.

Dies erfolgt mit dem Ziel, die Problematik umfangreich zu analysieren und die davon ausgehende Gefährdung sowie deren Umfang weiter präzisieren zu können. Die Messungen werden unter realistischen Arbeitsplatzbedingungen von den Messtechnischen Diensten der BG ETEM, der BG BAU, BGHM und der Hessischen Ländermessstelle durchgeführt.

Für die Durchführung der Untersuchungen und Messungen werden weiterhin Unternehmen gesucht, bei denen die Problematik auftreten kann oder die bereits sichtbare Ablagerungen registriert haben.

Ansprechpartner der BG ETEM:

Fachkompetenzcenter Gefahrstoffe 
E-Mail: gefahrstoffe@bgetem.de

Branchengebiet Energie und Wasserwirtschaft
E-Mail: energiewasser@bgetem.de

Stand: 23.05.2023

  • Webcode: 23391453
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