Branchenspezifische Aspekte der Organisation des Arbeitsschutzes
Eine geeignete betriebsärztliche Betreuung der Beschäftigten ist sicherzustellen. In den "Themen von A-Z" sind grundlegende Informationen zur Betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung sowie den Aufgaben des Betriebsarztes zu finden. Um eine geeignete arbeitsmedizinische Betreuung sicherzustellen, ist es wichtig, dass die betreuende arbeitsmedizinische Fachkraft Kenntnisse der spezifischen Arbeitsumgebungsbedingungen der Beschäftigten in der jeweiligen Windenergieanlage (WEA) hat.
Über die arbeitsmedizinische Vorsorge hinaus sind in der Windenergie spezifische Befähigungs- und / oder Eignungsaspekte zu berücksichtigen, da Arbeiten an WEA besonders hohe Anforderungen an die körperliche und psychomentale Leistungsfähigkeit stellen. Ist der Unternehmer selbst nicht in der Lage, eine Beurteilung der Befähigung von Beschäftigten für die geplanten Arbeiten vorzunehmen, so kann er sich hierbei vom Betriebsarzt und / oder der Fachkraft für Arbeitssicherheit beraten lassen. Der Unternehmer darf Beschäftigte, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine bestimmte Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, nicht mit dieser betrauen.
Die DGUV Information 250-010 "Eignungsuntersuchungen in der betriebsärztlichen Praxis" gibt umfangreiche Informationen zur betriebsärztlichen Betreuung und arbeitsmedizinischen Vorsorge.
Besondere Verantwortung für die Sicherheit bei Arbeiten in/an WEA tragen
- Die Anlagenbetreiber als Personen mit der Gesamtverantwortung für den sicheren Betrieb der Windenergieanlage, die die Regeln und Randbedingungen der Organisation vorgeben.
- Die Arbeitsverantwortlichen als Personen, die beauftragt sind, die unmittelbare Verantwortung für die Durchführung der Arbeit an der Arbeitsstelle zu tragen.
Die Anlagenbetreiber sind dabei für die anlagenseitigen Aspekte verantwortlich, wie z. B.
- die Kennzeichnung der Anlagen und Erreichbarkeit verantwortlicher Personen für den Notfall,
- die Weitergabe von Informationen zu Gefährdungen und Belastungen an Auftragnehmer (Gefährdungsbeurteilung) und
- die Organisation von Prüfungen (elektrische Anlage, Rettungsausrüstung, etc.)
Mit elektrotechnischen Arbeiten an Anlagen oder Anlagenteilen darf erst begonnen werden, nachdem der Anlagenverantwortliche dem Arbeitsverantwortlichen für die geplanten Arbeiten eine Durchführungserlaubnis bevorzugt schriftlich erteilt hat. Daran anschließend und nach Erfüllung aller Anforderungen und Anweisungen kann der Arbeitsverantwortliche die Freigabe zur Arbeit erteilen. Auch hier wird die Schriftform empfohlen.
Im Rahmen von Durchführungserlaubnis und Freigabe werden in Abhängigkeit von den bestehenden Gefährdungen sicherheitstechnische und organisatorische Vorgaben für die durchzuführenden Arbeiten festgelegt und durchgeführt. Dieser Prozess umfasst dabei mindestens die folgenden Einzelschritte:
- Festlegung anlagenspezifischer Sicherheitsmaßnahmen
- Überprüfung der Ausführung anlagenspezifischer Sicherheitsmaßnahmen
- Vorgabe und Überprüfung von anlagenspezifischer persönlicher Schutzausrüstung
- Ein- und Unterweisung der Ausführenden i. Allg. durch den Arbeitsverantwortlichen
Nach Abschluss der Arbeiten und vor dem Aufheben von Sicherheitsmaßnahmen hat sich der Anlagenverantwortliche vom Arbeitsverantwortlichen den ordnungsgemäßen Abschluss der Arbeiten sowie die Freigabe der Arbeitsstelle für den Betrieb bevorzugt schriftlich bestätigen zu lassen.
Insbesondere aufgrund der elektrischen Gefährdungen werden WEA als abgeschlossene elektrische Betriebsstätten betrieben. Zugangsberechtigung wird daher nur Elektrofachkräften oder elektrotechnisch unterwiesenen Personen erteilt. Andere ggf. in der Anlage anwesende Personen sind durch diese zu beaufsichtigen. Der Zutritt zu Mittelspannungsanlagen, Transformatoren und Niederspannungsverteileranlagen darf nur solchen Elektrofachkräften oder elektrotechnisch unterwiesenen Personen, denen spezielle Fachkenntnisse vermittelt wurden, ermöglicht werden.
Bei der Beauftragung von Fremdfirmen sind die Schnittstellen zwischen den verschiedenen Unternehmen im Hinblick auf die Arbeitssicherheit zu betrachten. Bei Arbeiten an Anlagen und Anlagenteilen ist die Abstimmung zwischen dem Anlagenbetreiber bzw. seinem Vertreter und dem Arbeitsverantwortlichem sicherzustellen (siehe auch Durchführungserlaubnis und Freigabe zur Arbeit.
Erfolgt eine Beauftragung durch ein Unternehmen an ein Fremdunternehmen, so hat das Auftrag erteilende Unternehmen das Fremdunternehmen hinsichtlich der Gefährdungsbeurteilung zu unterstützen. Dabei hat der Auftraggeber die relevanten Informationen an den Auftragnehmer weiterzugeben.
Werden mehrere Unternehmen an einem Arbeitsplatz tätig, so hat der durch den Anlagenbetreiber benannte Anlagenverantwortliche dafür Sorge zu tragen, dass eine fachlich geeignete und qualifizierte Person als Koordinator schriftlich beauftragt wird, soweit es zur Vermeidung einer möglichen gegenseitigen Gefährdung erforderlich ist.
Jeder Unternehmer ist für die Organisation der Ersten Hilfe und Rettung seiner eigenen Mitarbeiter verantwortlich. Eine Grundlage für die Maßnahmen, die er zu treffen hat, ist seine Gefährdungsbeurteilung. Dabei hat sich der Unternehmer mit seinem Auftraggeber, ggf. auch dem Bauherrn / Anlagenbetreiber bzw. deren Vertreter (z. B. Bauleiter nach LBO, Anlagenverantwortlicher) hinsichtlich der Verhältnisse vor Ort abzustimmen. Beispielsweise muss eine ausreichende Anzahl ausgebildeter Ersthelfer zur Verfügung stehen, um die Wirksamkeit der Ersten Hilfe zu gewährleisten. Empfehlung für die Betriebsphase ist, alle Teammitglieder zu Ersthelfern ausbilden lassen. Über die Inhalte der Erste-Hilfe-Ausbildung hinaus sind weitere Kenntnisse zur Bewältigung von Notfällen erforderlich. Diejenigen Beschäftigten, die im Notfall Aufgaben der Ersten Hilfe und der Rettung übernehmen müssen, benötigen entsprechende Unterweisungen und Übungen.
In einem Rettungskonzept muss der Unternehmer unter anderem
- die Alarmierungs- und Meldewege (wirksamer Notruf zu jeder Zeit!) beschreiben,
- Rettungsverfahren und Fluchtmöglichkeiten definieren sowie
- die Personenzahl festlegen, die für eine wirksame Erste Hilfe und Rettung erforderlich ist.
Dabei sind die durchzuführenden Arbeiten in Verbindung mit der jeweiligen Arbeitsumgebung zu berücksichtigen.
Im Ergebnis der Vorkehrungen muss die Rettungskette in jedem Fall sichergestellt sein. Es ist Aufgabe des Arbeitsverantwortlichen (z. B. Aufsichtführender), sich vor Arbeitsbeginn unter Berücksichtigung der tatsächlich vor Ort herrschenden Bedingungen von der Wirksamkeit und Umsetzung der festgelegten Maßnahmen (z. B. Notrufverbindung, Rettungsverfahren) zu überzeugen. Bei der Organisation der Rettungskette im Offshore-Bereich müssen die weite Entfernung vom Festland, das mögliche Auftreten widriger Wetterbedingungen, die Weitläufigkeit der Offshore-Windparks sowie die im Offshore-Notfall häufig langen Rettungszeiten berücksichtigt werden.
Die DGUV Fachinformation "Erste Hilfe in Offshore-Windparks" behandelt die Organisation der Ersten Hilfe unter diesen Bedingungen. Sie beschreibt geeignete Maßnahmen bzgl. personeller und materieller Ausstattung sowie zur organisatorischen Planung der Notfallmaßnahmen vor Ort bis zum Eintreffen externer Hilfe.
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